Xplore Wien 2012 - xplore08-Über die xplore 2008 von Céline Robinet

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Xplore Wien 2012

Chastity - Live in Concert

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xplore08-Über die xplore 2008 von Céline Robinet

Ein Stockwerk tiefer zelebriert Felix Ruckert eine Performance unterstützt von drei jungen Frauen, die, an Ketten von der Decke hängend literweise Wasser einsaugen. Zur Musik der Gipsy Kings: Jobie Joba, Bamboleo oder La Bamba. Ich muss lächeln. In Frankreich würde niemand im Traum daran denken eine BDSM Performance mit der Musik der Zigeunerkönige zu untermalen. Aber der unprätentiöse Professionalismus der Performer gibt dieser musikalischen Wahl künstlerische Rückendeckung. ....

Das Dach draussen ist zur Terrasse umgewandelt. Hier aalen sich Teilnehmer in der Sonne, nippen am Milchkaffee und tauschen ihre Eindrücke aus. Im Hof wartet ein weißes Zelt auf Besucher der verschiedenen Workshops die das ganze Wochenende über laufen: Spiel mit Feuer, Elektrizität, Lebensmitteln oder Wasser. Im angrenzenden Hof sitzen plaudernd zwei verschleierte türkische Mütter die sich um ihre Kinder kümmern. Eine schaukelt einen Kinderwagen.

Nachdem Felix Ruckert, der Gründer der Schwelle7, bei den ersten vier Ausgaben von xplore eher einem US-inspirierten didaktischen Ansatz folgte, mit Einladungen grosser Namen der BDSM Szene, hat er dieses Jahr, zusammen mit Paula Rosengarten (Autorin und sexuelle Beraterin) dem körperlichen Aspekt und dem berühmten Konzept vom learning by doing den Vorrang gegeben. 150 Teilnehmer aus Berlin, Portugal, Italien, Schweiz, Finnland, den Niederlanden, Frankreich und Grossbritannien versammeln sich zu drei Workshop- und Spieltagen. Sie vervollkommnen die eigenen Fertigkeiten oder hören, sehen und erproben neue Techniken.

Ergebnis : Seit acht Monaten habe ich einen Buchstaben, eingebrannt auf mein Schulterblatt.

Mo Herzinger, die den Workshop “Spiel mit dem Feuer” leitete, hatte mich gewarnt: wenn man eine pyrotechnische Schnur auf der Haut abbrennt, wird das Zeichen mehrere Wochen, vielleicht sogar ein bis zwei Monate sichtbar bleiben. Das schien mir perfekt.

Das Workshop fand unter dem Zelt im Hof statt. Das Stoffdach klatschte im Wind. Es herrschte Gartenparty Atmosphäre, mit Sonnenschein, grünen Bäumen und einem Hund der ab und zu vorbei schaute um zu sehen was wir so treiben. Ich war fasziniert von der Dozentin. Ihre Körperlichkeit passte perfekt zu dem Feuer, mit dem sie arbeitete : aufbrausend, schlank, stark, sonnengebräunt, Haare aufgetürmt, wirkte sie wie eine irrlichternde Löwin. Nach dem sie uns mit Vorsichtsmaßnahmen vertraut gemacht hatte (keine Klamotten aus Vinyl, keine Strumpfhosen, nur Baumwolle, Leinen oder Leder, Haare zusammenbinden und anfeuchten, vor allem kein Haarlack, sehr leicht entflammbar !!), die richtige räumliche Umgebung, die Nachversorgung, die Körperteile, die nicht mit Feuer in Berührung kommen dürfen wie Gesicht, Hals, Nacken, Achsel, Bauch, Genitalien, Handgelenke, die Innenseite von Armen und Beinen, die Knie. Bleiben eigentlich nur Unterarme, Rücken und Gesäß.

Wir fingen damit an uns die Unterarme mit einer mit Benzin vollgesogenen Fackel zu bestreichen. Die Fackel besteht aus einem hohlen Stock aus wenig leitfähigem Metall wie z.B. Messing. Wir sollten die Flamme vorsichtig annähern. Häarchen verkohlten und es fing an etwas zu stinken..

Als ich klein war, hatte ich immer mit Feuer gespielt indem ich meine Finger solange wie möglich in eine Kerzenflamme hielt. Die Haut meiner Finger war danach ganz glatt, ohne Fingerabdrücke. Wenn Diebe dies wüssten bräuchten sie keine Handschuhe mehr.

Dann der Po….. Mo hatte eine Freiwillige gebeten sich auf eine Matratze zu legen, ausgebreitet im Gras des Hofs.

Die Sonne knallt. Mo legt ein Stück Kollodion, eine Lösung aus Nitrozellulose getränkt mit einer Mischung von Äther und Alkohol, welches wie ein Baumwollbällchen aussieht, auf die rechte Gesäßbacke der Teilnehmerin. Entzündet durch ein Feuerzeug verpufft der Kollodionball umgehend, eine leicht bräunliche Spur hinterlassend. Kollodion gehörte ursprünglich zum Handwerkszeug von Fotografen. Das Zeug das abbrannte, wenn man früher Photos machte.

Jetzt zeigt uns Mo pyrotechnische Fäden. Sie sehen aus wie weiße Schnürsenkel. Man benützt sie um Zeichnungen oder Symbole auf den Rücken zu brennen. Der Schmerz kann nach dem Brand sogar noch stärker werden, eventuell Tage andauern. Ich möchte es sehr gern probieren. Eine echte Konkurrenz zur Sonne. Der Schmerz beißt, heiß und lebhaft. Ein lokaler Hauch. Nach wenigen Sekunden ist er vorbei. Bleibt ein Gefühl der Präsenz, wie eine Hand auf der Schulter. Bleibt ein Buchstabe. « O ». Wie Erstaunen. Seit acht Monaten.